Libanon

Zur aktuellen Lage:

Die Auswirkungen auf den Libanon durch den aktuellen Krieg zwischen der Hamas und Israel sind schwer einzuschätzen. Am 15.10.23 hat das auswärtige Amt eine Reisewarnung für den gesamten Libanon ausgesprochen. Die Befürchtung, dass die Hisbollah in den Krieg eingreifen könnte, ist groß, auch wenn es momentan eher den Anschein hat, dass die Hisbollah daran wenig Interesse hat. Je nach Verlauf des Krieges kann sich das aber sehr schnell ändern. Man kann nur hoffen, dass die Hisbollah sich weiterhin zurückhält, alles andere wäre für den Libanon eine Katastrophe.

Zur allgemeinen Situation:

Außer dem Staatsbankrott und den Folgen der Covid-19-Pandemie machen auch die Abhängigkeit von den Weizenimporten aus Russland und der Ukraine der Bevölkerung stark zu schaffen bei gleichzeitigem starkem Preisanstieg für Weizen. Die Inflation schreitet stetig voran. Seit 2019 hat das Libanesische Pfund massiv an Wert verloren. Lag der Kurs 2019 noch bei 1.500 LBP für einen USD, so muss man heute 90.000 LBP für einen USD bezahlen. Katastrophal für alle, die weiterhin ihr Gehalt in Lira ausbezahlt bekommen. Deren Monatsgehalt reicht vielleicht noch für eine Tankfüllung. Die Preissteigerung für Nahrungsmittel ist in der Zwischenzeit weltweit die höchste. Über 80 % der Bevölkerung leben inzwischen unterhalb der Armutsgrenze.

Die Situation der Ärmsten der Armen in den diversen Flüchtlingslagern hat sich entsprechend noch weiter verschlechtert, da die Flüchtlinge kaum noch über irgendwelche Verdienstmöglichkeiten verfügen angesichts der ökonomischen Krise bzw. zahlreicher Lockdowns. Sie sind auf Spenden aus dem Ausland angewiesen, deren Höhe sehr schwankt. Außerdem kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Schießereien.

Politisch ist das Land stark gespalten. Korruption, Vetternwirtschaft und hemmungsloser Klientelismus haben Libanon geplündert und an die Wand gefahren. Der im Mai 2022 gewählte Ministerpräsident musste wieder zurücktreten, da es ihm nicht gelungen war, eine Regierung zu bilden. Auch der Präsident hat nach dem Ablauf seiner Amtszeit seinen Posten verlassen. Bisher gibt es unter den Parteien keine Einigung auf einen gemeinsamen neuen Kandidaten für dieses Amt.

Eine Stromversorgung ist quasi nicht vorhanden. Wenn man Glück hat, gibt es zwei Stunden Strom / Tag. Weiterhin ist der Strom, der mit Hilfe von Generatoren bezogen werden kann sehr teuer, wegen den hohen Preisen für Diesel. Die gesundheitsschädlichen Kosten durch die massiven Abgase dieser Dieselmotoren nicht mitberechnet. In Beirut fliegen schwarze Rußflocken durch die Luft und landen auf Balkonen und bleiben auf draußen hängender Wäsche hängen. Erfreulich ist allerdings die rasante Entwicklung, mit der Sonnenkollektoren und Batterien installiert werden, um die eingefangene Sonnenenergie zu speichern. Allerdings ist dies auch nur für Menschen mit Geld eine Möglichkeit. Von staatlicher Seite wird hier nichts unternommen.

Die Preise für die Medikamente sind so hoch, dass sie kaum erschwinglich sind. Die Lage in den Krankenhäusern ist desolat. Zum einen wird man nur aufgenommen, wenn man vor der Aufnahme ein Pfand in Höhe von mehreren hundert Dollar hinterlegen kann. Das kann sich kaum jemand leisten. Zum anderen mangelt es an Strom, Desinfektionsmitteln, Medikamenten, Personal etc., daher ist die Behandlung sehr mangelhaft und die Gefahr ist hoch, sich beim Krankenhausaufenthalt zu infizieren. So wissen wir z.B. von einer Frau, die schwer an Krebs erkrankt ist. Sie konnte mit viel Mühe und Unterstützung von Familienmitgliedern im Ausland ihre Chemotherapiemedikamente bekommen. Aber nach ihrer Operation hat sie sich einen Krankenhauskeim eingefangen, eine schwere Pilzinfektion, die ihren Heilungsprozess fast verunmöglichte. Auch von anderen Patienten wurde uns immer wieder diese Erfahrung berichtet, wie schwer es ist an Medikamente zu kommen, wie unbezahlbar teuer die Behandlungen sind, wie wenig die Krankenversicherungen bezahlen, wenn sie überhaupt existieren und wie häufig solche Krankenhauskeime die Patienten zusätzlich belasten. Es wird berichtet, dass viele der ÄrtztInnen und PflegerInnen in der Zwischenzeit das Land verlassen haben.

Allgemein herrscht im Libanon in der Zwischenzeit eine verzweifelte Situation in der Gesellschaft. Es besteht sehr wenig bis gar keine Hoffnung auf eine Veränderung. Immer wieder hören wir von Menschen, die ihre ganze Altersversorgung verloren haben. Anstatt Rentenauszahlungen haben die meisten Institutionen Verträge mit den Mitarbeiterinnen abgeschlossen, ihnen eine große Summe mit dem Berufsende auszuzahlen. Doch diese Beträge werden in libanesischer Lira (LBP) ausbezahlt und sind praktisch nichts mehr wert.

Dringender denn je sind die sozialen Hilfsprojekte im Libanon.

Wir bitten um Ihre Unterstützung. IBAN: DE54 6001 0070 0974 2337 01 / BIC: PBNKDEFF